Montag, 20. Oktober 2008

Rückmeldung aus Saudi-Arabien

Per Email gab es heute eine sehr interessante Rückmeldung aus Saudi-Arabien. Geschrieben hat der Ornithologe, der die Opfer des Weißstorch-Massenunfalls (236 tote Weißstörche am 25. August 90 km südlich von Jeddah) mit eigenen Augen gesehen hat und die Situation vor Ort genau kennt. Da diese Hochspannungstrasse ganz offensichtlich eine systematische Todesgefahr auch für viele andere Zugvogelarten darstellt, wird die Problematik in Kürze bei der saudischen "National Commission for Wildlife Conservation and Development" (NCWCD, auf der Webseite unten auf "English" klicken) besprochen. Geplant ist später eventuell ein vertiefendes Treffen, zum dem u.U. auch externe Experten eingeladen werden. Wie auch immer es jetzt weitergeht: wir werden in jedem Fall versuchen, unsere Erfahrungen im Kontext Kollisionstod-Vermeidung einzubringen (Umrüstung der 110 kV-Trasse in den Offenbacher Niederwiesen).

Es wäre grandios, wenn hier eine effektive internationale Zusammenarbeit zum Schutz unzähliger Zugvögel entstehen würde. Nach Angaben des saudischen Ornithologen liegt hier auch eine klassische Zugstrecke des Jungfernkranichs auf dem Weg ins Winterquartier nach Ostafrika (gilt wohl vor allem für die Population rund ums Schwarze Meer und dem Kaukasus, die weiter östlich brütenden Populationen überwintern in Indien).  Ein Auszug aus einer anderen Email lässt erahnen, wie hoch die jährlichen Opferzahlen durch Kollision mit den Hochspannungstrassen sind: "For your information, on the 9th of October at 05:30 I was visiting "again" a site, with Mohammed also, 90 km south of Jeddah were 236 White Stork collisions to pour line on August 25th., we found lots of dead birds this time as well (Quail, Corncrake, and Turtle Dove) and small numbers from various species of warblers and shrikes, also killed by the power lines. We are conducting such survey form personal initiative to write to the wildlife agency to collaborate with electric company to solve this problem in such "bottleneck" area for migratory birds." 

Übrigens zieht hier auch eine winzige Restpopulation einer der weltweit seltensten Vogelarten auf dem Weg ins Winterquartier durch: der Waldrapp (weltweit leben nur noch ca. 400 Tiere in freier Wildbahn!!) . Besenderungsversuche haben ergeben, dass der erst vor wenigen Jahren entdeckte kleine syrische Restbestand über Saudi-Arabien und den Jemen ins äthiopische Winterquartier zieht.

Quelle: http://www.birdlife.org/news/news/2006/10/bald_ibis.html

Donnerstag, 16. Oktober 2008

Hochspannungtrasse im Satellitenbild

Irgendwo an dieser gewaltigen Hochspannungstrasse muss das Unglück passiert sein. Östlich der Straße sind zwei Trassen und westlich davon drei Trassen zu erkennen. Stimmt gut mit dem Bild auf der saudi-arabischen Webseite überein.




Größere Kartenansicht

Die Trasse endet/entspringt in einer riesigen Industrieanlage (sieht aus wie eine Öl-Raffinierie oder eine Meerwasserentsalzungsanlage). Daszu passt auch folgende ==> Meldung.

Wir haben heute mit saudi-arabischen Ornithologen Kontakt aufgenommen, um unsere Erfahrungen auszutauschen (Kollisionsproblematik Offenbacher Niederwiesen, 110.000 Volt-Trasse incl. Entschärfung des Problems).

Mittwoch, 15. Oktober 2008

Neue Infos zu großem Weißstorchunglück in Saudi-Arabien

Der letzte Beitrag hat zur Stellungsnahme einiger namhafter Strom - und Kollisionstod-Experten geführt.  

Fazit: mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei diesem äußerst tragischen Weißstorch-Massenunfall NICHT um Stromtod, sondern um Kollisionstod! Ich hatte im letzten Blogbeitrag ja schon meine Zweifel an einem Stromtod geäußert (eindeutig handelt es sich hier um eine Hochspannungstrasse, bei der es aufgrund typischer Bauteilgröße bzw. dem Bauelementeabstand normalerweise zu keinen hohen Opferzahlen kommt...)

Wir werden versuchen, mit den lokalen Umweltschutzakteuren Kontakt aufzunehmen und unsere bislang sehr positven Erfahrungen mit der bundesweit einmaligen Umrüstung der 110.000 V Trasse in den Offenbacher Niederwiesen mitzuteilen!

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Dr. Haas (Leiter der NABU-BAG Stromtod und einer der Hauptautoren des neuen Referenzwerkes zum Thema Strom- und Kollisionstod von Vögeln) schreibt dazu in einer Mail (wir haben den Text leicht angepasst, um die richtigen Bildbezüge etc. in diesem Posting  herzustellen):

"Zur (...) Deutung (dieses Bildes) in der vorherigen Nachricht:

Es ist eine typische „Regenrinnenverletzung“ (kommt von Fahrzeugkollisionen: der auffliegende Vogel schaffts nicht ganz, dem Vogel werden bei nach oben geschlagenen Flügeln die Läufe, manchmal auch weiter oben die Unterschenkel abgeschlagen). Dem abgebildeten Storch wurde beim etwas schrägen Landeanflug mit hängenden Beinen der linke Lauf in der Mitte durchgeschlagen, der äußere Teil hängt nur noch an einem Strang aus Sehnen und Gefäßen. Der rechte Lauf ist durch den Aufprall an der Vorderseite blutunterlaufen, aber nicht gebrochen (der Vogel war nach der Kollision nicht sofort tot, konnte den Absturz noch mit den Flügeln etwas abmildern). Es sind keine Verbrennungen. Ich bin mir in der Deutung sicher, häufig bekomme ich ähnlich verletzte Vögel zur Behandlung eingeliefert, nach Verkehrsunfällen und Leitungskollisionen.

   

Aus den gesamten Bildern aus Saudi-Arabien lese ich zunächst heraus:

Ø Die Störche sind Kollisionsopfer (keine Stromschlagfälle)

Ø Stärkere Winde haben keine Rolle gespielt (keine Spuren, wie sie schon bei leichten Sand- oder Staubstürmen in Wüstenregionen typisch sind), was freilich Sichtbehinderungen bei „staubgeschwängerter“ Luft nach Stürmen nicht ausschließt.

Ø Ich vermute einen Einflug eines großen Zugtrupps, der in die Nacht geraten ist und einen Übernachtungsplatz an einem Gewässer (bei Jeddah wohl am ehesten am Meeresstrand) angepeilt hat und dabei in den sehr ungünstig mit Leitungen bestückten Luftraum (breitflächig verteilte Leitungen in Mehrebenenanordnung) geraten ist. Bei dieser Konstellation sind aber auch andere Szenarien denkbar (z.B. Anpeilung von Landeplätzen auf den Quertraversen der Masten und Kollision beim frühen Landeanflug).  

Zur weiteren Klärung wären zusätzliche Details sehr wünschenswert.

Ich bitte daher den Verteiler um Mitarbeit. Wer kann für den Verteiler die arabischen Texte übersetzen ? Sehr interessant wären weitere Daten zu Fundort, Fundzeit, Wetterdaten, evtl Beobachtungen (über)lebender Störche, genaue topografische Karte mit Einzeichnung der Unfall-Hochspannungsleitungen etc. In diesen Mastenfeldern wären auch Untersuchungen auf Kollisionsopfer allgemein für Schutzbemühungen wichtig, z.B. im Hinblick auf den Durchzug von Großgreifvögeln, vor allem auch an windreichen Zugtagen. 

Weiteres zur Anflugproblematik und Lösungsvorschlägen s. unter www.birdsandpowerlines.org in Deutsch und Englisch. Auch im neuen Buch STROMTOD VON VÖGELN behandeln viele Artikel auch Kollisionsprobleme, hauptsächlich auf S. 278 – 299. Das Buch kann weiterhin über mich bezogen werden (am einfachsten E-Mail an dghaas@web.de ). Weitere Infos zum Buch unter www.birdsandpowerlines.org .  

 
Mit besten Grüßen
Dr. Dieter Haas

Leiter der NABU-BAG Stromtod

Ende des Zitats

Mittwoch, 8. Oktober 2008

Massenkollision an Stromleitung in Saudi-Arabien (über 200 tote Weißstörche)

Auf einer arabischen Seite kann man diese grauenhaften Bilder eines Weißstorch-Massenunfalls sehen (bitte beachten: da die Seite arabisch ist, befindet sich die Scroll-Leiste auf der linken Seite!):

http://www.mekshat.com/vb/showthread.php?t=151775

Nach Aussagen von saudi-arabischen Ornithologen kamen am 25. August 2008 ca. 90 km südlich von Jeddah unglaubliche 236 Weißstörche an einer riesigen Stromtrasse ums Leben. Dort laufen 5 Trassen parallel zueinander, die Stromleitungen queren eine international bedeutsame Vogelzugroute. Einzelheiten zum möglichen Ablauf des Geschehens liegen uns noch nicht vor.