Montag, 26. März 2007

Stellungnahme zu Kritik an Bewässerung

Zum Leserbrief „Zeigt den Bewässerern die rote Karte“ von K.-H. Stahlheber, RHEINPFALZ vom 21.3.2007:
Herr Stahlheber hat bei seinen Recherchen herausgefunden, dass die Massenansammlungen von Störchen etwas mit der Wiesenbewässerung zu tun haben. Damit liegt er richtig, hat aber in seinen Schlussfolgerungen einiges übersehen oder völlig falsch interpretiert:

1. Die Wiesenbewässerung ist keine Erfindung wild gewordener Naturschützer, sondern eine Einrichtung der Landwirtschaft, die im Queichtal nachweislich seit über 500 Jahren praktiziert wird.
2. Erstes Ziel dieser Maßnahme war und ist die Steigerung und Sicherung der Heuernte, was zu früheren Zeiten für die Landwirtschaft existentiell war und heute zumindest die weitere Bewirtschaftung der Wiesen durch Landwirte sichern hilft. Aus diesem Grunde unterstützt die Landwirtschaft den Erhalt und die weitere Reaktivierung der Wiesenbewässerung. Und ohne Mahd und Pflege gibt es keine Wiese.
3. Wiesenbewässerung ist nicht zu verwechseln mit Vernässung und Versumpfung. Sie fördert das Bodenleben gewaltig, die Biomasse an Regenwürmern und Großinsekten nimmt durch eine geordnete, fachgerecht durchgeführte Bewässerung zu. Diese sind Nahrungsgrundlage für eine Vielzahl von Tierarten, am deutlichsten sichtbar durch die Storchenschwärme in der Zugzeit zur Zeit der Sommerbewässerungen. Noch wichtiger ist dieses reichhaltige Nahrungsangebot während der Brutzeit.
4. Herr Stahlheber geht von einem flächendeckenden Bewässerungsereignis im ganzen Queichtal aus. Tatsächlich aber werden die Queichwiesen zwischen Landau und Germersheim nach einem von der Wasserbehörde festgelegten Terminplan in kleinen Abschnitten nacheinander bewässert. Obwohl die einzelnen Flächen i.d.R. nur 1-3 Tage betroffen sind, zieht sich damit die Frühjahrs- und Sommerbewässerung über einen Zeitraum von jeweils 4-6 Wochen hin. Es gibt daher in dieser Zeit immer irgendwo frisch bewässerte Stellen im Queichtal, auf der Störche und andere Tiere Nahrung finden können.
5. Die Offenbacher Niederwiesen, wo die beispiellosen Sicherungsmaßnahmen an den Stromleitungen durchgeführt wurden, gehörten schon vor dem Aussterben des Weißstorches 1973 zu seinen besten Nahrungsgründen – deshalb brütete hier auch der letzte Storch von Rheinland-Pfalz – und sie sind es auch heute wieder. Hier war die Bewässerung nie aufgegeben worden.
6. Einige Gemeinden entlang der Queich reaktivieren zur Zeit die Wiesenbewässerung, die sie in den vergangenen Jahrzehnten vernachlässigt oder ganz aufgegeben haben. Dadurch verhindern sie, dass die seit Jahrhunderten durch die Bewässerung geprägte artenreiche Kulturlandschaft ihren Charakter verliert.
7. Die Fortsetzung und Reaktivierung der Wiesenbewässerung wird tatkräftig von den Naturschützern der Region unterstützt, die in der Aktion PfalzStorch, im NABU, im NVS und anderswo organisiert sind. Erhalt und Entwicklung der wechselfeuchten Wiesen bedeutet Erhalt und Schaffung von Lebensraum für Storch, Brachvogel, Bekassine, Wiesenpieper, Kiebitz und Wachtelkönig. Eine „Einstellung dieses verlustreichen Treibens“ würde deren Lebensgrundlage unwiederbringlich zerstören.
8. Dass gerade Amphibien unter den Bewässerungen leiden sollen, ist absurd. Ohne die Wiesenbewässerung gäbe es nicht das riesige Netz von zeitweise oder dauernd wasserführenden Gräben, die ideale Laichbiotope für die unterschiedlichsten Arten von Amphibien darstellen. Dieses Potential gilt es zu nutzen und auszubauen. Dass man die Offenbacher früher mit dem Spitznamen „Frösche“ belegt hat, ist sicher kein Zufall.

Es ist durchaus verständlich, wenn jemand die Zusammenhänge nicht kennt und der Wiesenbewässerung daher skeptisch gegenübersteht. Aber mit pauschalen und unberechtigten Vorwürfen eine große Gemeinschaftsleistung von Landwirtschaft, Naturschutz und Kommunen zu diskreditieren, statt sich bei Leuten zu informieren, die sich seit vielen Jahren intensiv damit befassen, hilft nicht weiter. Wir laden Herrn Stahlheber gerne zu einem Gespräch und einer Information vor Ort ein.

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