Eigentlich sollte ein "Nest-Telegramm" nicht zu lange Beiträge haben, aber heute ist es mal wieder soweit ;-)
Wir haben schon mehrmals auf die besondere ökologische Bedeutung der Wässerwiesen an der Queich hingewiesen. Wichtig: nicht nur der Weißstorch provitiert davon (er ist für die Öffentlichkeit aber das mit Abstand bekannteste Symbol intakter Wiesenlandschaften), auch viele andere seltene Tier- und Pflanzenarten sind Nutznießer einer Reaktivierung dieses alten Kulturlandschaftstyps. Wässerwiesen gab es nicht nur an der Queich, sie kamen überall in der eher niederschlagsarmen Vorderpfalz vor, aber auch im Pfälzer Wald.
Hier zwei Beispiele:
1. Ein Teil der Wässerwiesen zwischen Neustadt und Lachen-Speyerdorf
==> historische Karte von 1836 in großer Auflösung
2. Wässerwiesen im Pfälzer Wald (erstes Bild auf dieser Seite: sog. Buckelwiese bei Appental, Elmsteiner Tal)
Man muß davon ausgehen, daß in unserer Region früher nahezu alle Wiesenareale mittels Gräben und Wehre bewässert wurden. Nach dem erfolgreichen Verlauf des NATURA2000-Pilotprojekts an der Queich gibt es nun Überlegungen, ob event. weitere Areale in der Vorderpfalz für eine ökologisch und hydrologisch nachhaltige, geregelte und zeitgemäßge Bewässerung in Frage kommen. Eines der herausragenden Wässerwiesen-Gebiete war das Areal der "Geinsheimer Bewässerungsgenossenschaft", die im 19. Jahrhundert gegründet worden war. Es bildet heute einen wesentlichen Bestandteil des NSG "Lochbusch-Königswiesen" (weiterhin FFH-Gebiet und Vogelschutzgebiet).
Wir haben schon kurz auf die Geinsheimer "Infoveranstaltung "Wässerwiesen am Speyerbach – Chancen für eine pfälzische Kulturlandschaft?" hingewiesen. Auch durch die tatkräftige Unterstützung des Geinsheimer Vereins für Heimatpflege war die Veranstaltung außerordentlich gut besucht!
Heute erschienen: Artikel in der Rheinpfalz (unsere größte regionale Tageszeitung):
Ergänzung: das Wehr im Zeitungsphoto heißt "Pensenschütz" und ist auch schon in der historischen Karte von 1836 eingetragen. Siehe schwarzer Pfeil.
Eine kleine Korrektur vorweg: die Idee, die Wiesenbewässerung am Speyerbach wiederzubeleben ist nicht neu! Der BUND Haßloch hat einen Teil der nötigen Infrastruktur (Gräben und Schließen) nördlich des Speyerbaches (auch mit Unterstützung des Landes) ab ca. 1998 wiederhergestellt. Neu ist allerdings, daß man jetzt erstmals versucht, das Thema "Bewässerung am Speyerbach" gemeinsam in einem großen Schulterschluß der Verbände und Vereine Gemarkungsgrenzen überschreitend anzugehen. Beim Haßlocher Projekt hatte die zuständige Behörde (SGD Süd) noch keinerlei geregelte Wasserentnahme durch temporären Aufstau des Baches zugelassen. Die historischen Wässerrechte am Speyerbach ließen die betroffenen Gemeinden bzw. Bewässerungsgenossenschaften ab ca. 1960 verfallen. Eine traurige Hauptursache dafür war, daß das Wasser durch zahlreiche Papierfabriken und Färbereien im Oberlauf auf unvorstellbare und perverseste Weise verschmutzt war! Damit wurde es für die Wiesenbewässerung unbrauchbar.
Zitat: "1975 war der Speyerbach, in seinem Unterlauf ab Neustadt, ein totes Gewässer, eine Kloake, schlimmer als der Rhein." (Rheinpfalz Nr. 5, Januar 1981 Ausgabe Neustadt).
Durch moderne Kläranlagen hat sich dieser traurige Zustand glücklicherweise gewandelt!
Landesentwicklungsprogramm Rheinland-Pfalz (LEP IV) und Wässerwiesen
Aktuell liegt das neue Landesentwicklungsprogramm im öffentlichen Beteiligungsverfahren aus. Hier wird erstmals explizit der besondere Wert der Wässerwiesen hervorgehoben, sie werden als bedeutendes Kulturlandschaftselement bezeichnet.
Zitat Beginn
"Die landesweit bedeutsamen Räume der Landschaftsentwicklung stellen (...) Bestandteile des kulturellen Erbes dar, das der Nachwelt in repräsentativen Beständen erhalten bleiben soll. Die Relikte früher ehemals verbreiteter Nutungsweisen wie z.B. (...) Wässerwiesen sowie historische Nutzungsspuren (...) finden darin besondere Beachtung.
Für die Kulturlandschaften sollen neue, zukunftsträchtige Handlungsfelder eröffnet werden, die den Menschen erlauben, zeitgemäß im Einklang mit einer Sicherung des Erscheinungsbildes der Kulturlandschaft zu leben. Die Kulturlandschaften dürfen durch neue Nutzungen bzw. Nutzungsaufgabe in ihrer regional typischen Ausprägung nicht grundlegend verändert werden."
Zitat Ende
Die Erfahrung an der Queich zeigt: Wässerwiesen sind ein ganz bedeutendes Element regionaler Identität. Langfristig ergeben sich zahlreiche symbiontische Schnittmengen zwischen Bewirtschaftern, Naturschutz und z.B. Heimatvereinen! Der Erhalt bzw. die Reaktivierung Pfälzer Wässerwiesen sind ein besonders wichtiges Ziel der Aktion PfalzStorch. Unser Motto lautet: "Naturschutz mit dem Weißstorch und für den Weißstorch". Das Eintreten für die Reaktivierung von Wiesenbewässerung ist aber keine engstirnige Lobbyarbeit für den Weißstorch, sondern ein wesentliches Element für den Erhalt bzw. die Erweiterung der gesamten Artenvielfalt unserer gesamten Region. Das entstehende Mosaik unterschiedlicher Pflanzengesellschaften kommt nicht nur anderen seltenen Vögeln wie Wachtelkönig, Schwarzkehlchen und Rohrweihe zugute, sondern auch Schmetterlingen (z.B. der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling), Libellen und Amphibien. Und ganz wesentlich: die Landwirte erzielen bei der Mahd der Wiesen stabilere und höhere Erträge!
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